Streit um die Hosen und um die eheliche Oberherrschafft. A 91 / Druck u. Verlag v. C. Burckardt's Nachf. in Weissenburg (Elsass)'.2012,7020.6 © The Trustees of the British Museum, CC BY-NC-SA 4.0
Der Marktplatz
Der Marktplatz war in der Frühen Neuzeit ein zentraler und öffentlicher Ort. Parallel zum Handel, der Zerstreuung und Unterhaltung wurde hier auch diskutiert, gestritten und - für alle sichtbar - bestraft. Flugblätter, Flugschriften, Zeitungen oder satirische Druckgrafiken erlaubten den Marktbesucher:innen, an den Streitfällen teilzuhaben.
Auf dem Markt
Der Streit um die Hosen
Seit dem 14. Jahrhundert, der Zeit, in der die Hose zum männlich assoziierten Kleidungsstück wurde, war der sogenannte »Streit um die Hosen« vor allem im mitteleuropäischen Raum ein verbreitetes Erzähl- und Bildmotiv. Zahlreiche überlieferte Kupferstiche, Holzschnitte oder Radierungen zeugen heute davon. Entweder stritt ein Ehepaar um eine Hose oder mehrere Frauen rangen um sie und hinterfragten die Vorherrschaft des Mannes.
Eine Frau als Dichterin und Gelehrte – der Streitfall Christiane Marianne von Ziegler (1695–1760)
Schmähgedichte und Druckgrafiken in Büchern erreichten über den Marktplatz hinaus in Büchersammlungen und Bibliotheken einen breiten Adressat:innenkreis. Beide streitenden Seiten wussten im 18. Jahrhundert dieses Medium gezielt einzusetzen.
Christiane Marianne von Ziegler war eine erfolgreiche Schriftstellerin und stand als Gründerin eines der ersten literarisch-musikalischen Salons in Leipzig im Licht der Öffentlichkeit. Johann Sebastian Bach (1685–1750) vertonte als Thomaskantor ihre Kantatentexte und Johann Christoph Gottsched (1700–1766) druckte in der moralischen Wochenschrift Die vernünftigen Tadlerinnen ihre Artikel. Immer wieder musste sie ihre Arbeit als Dichterin und Poetin öffentlich verteidigen:
1733 verlieh ihr die Universität Wittenberg die kaiserlich privilegierte Dichterkrone einer »Poeta laureata«, die auf einen antiken Brauch zurückgeht. Die Verleihung des akademischen Grades erlaubte es ihr, an den Universitäten des Reiches zu lehren. Dies war ein Aspekt, den einige Studenten einer Frau nicht zugestehen wollten. In Schmähgedichten würdigten sie ihre schriftstellerische Arbeit herab und machten sie lächerlich.