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Friedrich II. vs. Voltaire - Ein Streit der Frühen Neuzeit

Die Grenze zwischen Sachkritik und persönlichen Angriffen verlief auch an den Höfen des 18. Jahrhunderts fließend. Die Beziehung zwischen dem streitlustigen Philosophen Voltaire (1694–1778) und dem als Philosophenkönig gerühmten Friedrich II. von Preußen (1712–1786) zeigt: Aufklärung und persönliche Schmähungen schließen einander nicht aus, sondern sind zwei Seiten derselben Medaille.

Voltaire — Der Philosoph mit der spitzen Feder

Voltaire war zeit seines Lebens um gute Beziehungen zu den einflussreichen Personen am französischen Königshof sowie zu den ihm wohlgesonnenen Fürsten und Monarchen Europas bemüht. Um deren Gunst zu erlangen, waren Angriffe auf deren politische Gegner ein oft genutztes Mittel seiner Wahl. Ein übliches Mittel war auch unter Aufklärern die Schmähkritik. Außerdem griff Voltaire zum Mittel der Dichtkunst. Mit beißender Kritik an den politischen Verhältnissen Europas griff er Autoritäten an, die in seinen Augen ihren Einfluss missbrauchten: darunter die Kirche, die französischen obersten Gerichtshöfe (parlements) oder die Jesuiten. 

Wie Schmähkritik den Aufenthalt Voltaires in Potsdam beendete

Voltaires Aufenthalt in Berlin und Potsdam seit 1750 sollte sein Ansehen und das von Friedrich II. in der Öffentlichkeit steigern. Ihre Auseinandersetzung entwickelte sich jedoch zu einer öffentlichen Affäre, die sowohl den Ruf des Königs als auch des Philosophendichters ramponierte. Voltaires Stellung in Berlin war nach zwei Jahren unmöglich geworden.

Eine der Ursachen für das Zerwürfnis waren Voltaires Schmähangriffe gegen den Präsidenten der Berliner Akademie der Wissenschaften Pierre Louis Moreau de Maupertuis (1698–1759). Mit anonymen Schriften bemühte sich Voltaire, Maupertuis’ Ruf als untadeliger Gelehrter zu untergraben, mit anonymen Schriften verteidigte der König die Akademie und ihren Präsidenten und teilte seinerseits gegen den Kritiker aus.

Der Streit zwischen Friedrich II. und Voltaire über Maupertuis, geführt mit anonymen Schriften, hat letztlich das Verhältnis zwischen dem König von Preußen und dem französischen Philosophen zerrüttet und führte zur Abreise von Voltaire aus Berlin. Nach Friedrichs Tod fand diese Auseinandersetzung dann Einzug in die Reihe von Anekdoten über den König, die Chodowiecki (1726–1801) ins Bild setzte.

Friedrich II. von Preußen als kritischer Philosoph und Verfasser von Schmähschriften

Friedrich II. präsentierte sich in der Öffentlichkeit zeit seines Lebens nicht nur als König, sondern auch als Philosoph. In seinen Schriften nutzte er die Philosophenrolle, um Kritik an seinen Herrscherkollegen auf den Thronen Europas oder an seinen Vorfahren zu üben. Galt eine solche Kritik für einen König als unangebracht, so war sie für einen Philosophen statthaft. Vor allem im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) nutzte Friedrich II. sein literarisches Talent aber auch dafür, seine Kriegsgegner mit anonymen Schmähschriften anzugreifen. Verbunden damit war die Hoffnung, die öffentliche Meinung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Anton Friedrich König (1722–1787) hat als Miniaturmaler unzählige Miniaturdarstellungen von Friedrich II. von Preußen geschaffen. Das Bild zeigt den König mit Schärpe und dem Schwarzadler-Orden. Zugleich wird er – am Schreibtisch vor einer Bibliothekskulisse – als Philosoph dargestellt.

Ein fiktives Totengespräch

Im Jahr 1772 verfasste Friedrich II. einen Dialog zwischen der französischen Mätresse König Ludwigs XV., Madame de Pompadour, und der Jungfrau Maria. Die gegenseitigen Beschimpfungen beider Personen verletzten sowohl das Gebot religiöser Frömmigkeit als auch den Anstand gegenüber Standespersonen. In den Werkausgaben der Schriften blieb das Totengespräch wegen seines anstößigen Inhalts ausgespart, so dass es erst 1998 neu entdeckt werden musste.

Das Glück ist nicht immer Begleiter der Weisheit: mitunter reicht ein Trottel aus, das schönste Projekt zu Fall zu bringen. Trotzdem habe ich immer regiert...während Eure unbefleckte Herrschaft, Madame, weder im Himmel noch auf Erden irgendetwas gelöst oder gebunden hat. Deshalb hat mein allerchristlichster Liebhaber mich niemals durch eine ganze Gesandtschaft, sondern ganz ohne Umschweife nach Hausmannsart selbst beschlafen.

Madame de Pompadour an die Jungfrau Maria, in einem fiktiven Totengespräch[Friedrich II. von Preußen:] Dialogue des morts entre Madame de Pompadour et la Vierge Marie. In: Oeuvres posthumes. Bd. 5. Berlin, London 1789, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg: Kn00718

Ein fingierter Brief

In einem Brief an den österreichischen Feldmarschall Daun (1705–1766) gratuliert der Papst zu dessen Erfolgen bei der »ewigen Ausrottung der Ketzereien« und überreicht ihm als Lohn für seine Siege einen gesegneten Degen. Für die Preußen war klar, hier bereiteten die Gegner einen Religionskrieg gegen den Protestantismus vor. Die Schutzmacht der Protestanten im Alten Reich sollte geschwächt werden. Zahlreiche Nachdrucke des Schreibens wurden verbreitet.

Allerdings war nicht der Papst im Rom der Absender. Der fingierte Brief stammte aus der Feder von Friedrich II. Öffentlich distanzierte sich der Monarch von derartigen Kommunikationsstrategien. Gleichzeitig waren sie ihm ein probates Mittel der Auseinandersetzung.

Möge dieser Degen ihr Rebellenblut trinken; möge die Axt an die Wurzel des Baumes gelegt werden, der verfluchte Früchte trug. Möge nach dem Vorbild des heiligen Karl des Großen Norddeutschland mit Schwert, Feuer und Blut bekehrt werden! [...] Das ganze Paradies, das Wir durch Unsere Legende bevölkern, nehme sich Eurer Erfolge an!

Friedrich II. als Papst in einem fingierten Brief an den Feldmarschall von Daun[Friedrich II. von Preußen:] Breve oder Cabinets-Schreiben Seiner Päbstlichen Heiligkeit an des Herrn General-Feld-Marschalls Grafen von Daun Excellenz bey Uebersendung des Geweyheten Degens. Übersetzt ins Lateinische von Jean-Baptiste de Boyer d’Arg

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